Wie versprochen hier mal meine "Langfassung":
Zitat:
1)
Welche Funktionen benötigt ein professionelles Bildbearbeitungsprogramm? Benötigen Profis unbedingt Photoshop?
Die Anforderungen an ein professionelles Bildbearbeitungsprogramm sind so vielfältig, wie die Einsatzgebiete der Software. Insofern lässt sich diese Frage nicht mit einer klaren Eingrenzung der Funktionen beantworten.
Minimal sollten allerdings folgende Funktionen enthalten sein:- die RAW Unterstützung möglichst vieler Kameras
- Bildkorrekturen wie z.B. Weißabgleich, Objektivkorrekturen, Rauschreduzierung, Nachschärfen, Entfernen störender Bildelemente
- Export der Bilder für das Web oder den Druck mit voller Kontrolle
- Auswahlmöglichkeiten für Bildelemente und Ebenen-Masken, um diese non-destruktiv freistellen und kombinieren zu können
- Kanalberechnungen und andere Features zum erstellen komplexer Bildretuschen
- eine klare und übersichtliche Ebenen-Palette mit der Möglichkeit Bildebenen zu beschneiden, gruppieren, sperren und ein- bzw. auszublenden
- Transformationswerkzeuge zum Anpassen von Bildmaterial
- Stapelverarbeitung bzw. Automatisierung von wiederkehrenden Arbeitsabläufen
- Plugins zur Erweiterung für individuelle Zwecke sollten einfach integrierbar sein
Die Frage, ob Photoshop hierfür zwingend für Profis benötigt wird, kann man mittlerweile nicht mehr so klar beantworten, wie noch vor zwei Jahren. Die Konkurrenz wächst und wer seine vertrauten Workflows verlassen kann, wird sicherlich je nach Einsatzzweck auch andere gute Software finden.
Hierbei denke ich an Corel, die momentan mit Painter 2015 für diejenigen, die digital Zeichnen ein paar sehr interessante neue Pinsel anbieten, an Lightroom von Adobe, das für Fotografen, die nur ihre Bilder in Grenzen aufbereiten möchten und auch an das momentan noch im Beta-Stadium befindliche Affinity Photo für den Mac. Auch GIMP wird langsam erwachsen.
Ein Profi, der seit vielen Jahren seine Workflows auf Photoshop abgestimmt hat und hier zufrieden ist, wird weiterhin bei diesem durchaus guten umfangreichen Programm bleiben. Die Experimentierfreudigen, werden sicherlich über den Tellerrand schauen und auch fündig werden, denn seit der Cloud tut sich auf diesem Markt aus meiner Sicht sehr viel mehr als in den letzten 10 Jahren.
2)
Welche Alternativen bieten sich zu Photoshop an? Welches Programm sollte auf keinem Fotografen-Rechner fehlen?
Adobe selbst hat mit Lightroom ein Programm eingeführt, welches sicherlich die Bedürfnisse der Fotografen gut abdeckt. Nicht ohne Grund ist des im Fotografen-Bundle der Cloud enthalten.
Lightroom habe ich selbst bisher nicht verwendet, aber nach den Berichten, die ich kenne, sind hier außer den Katalogisierungs- und Auswahl-Möglichkeiten Bildkorrekturen und das Zuweisen von Bildstilen enthalten. Hier ist für einen reinen Fotografen sicherlich eine immense Arbeitserleichterung zu rechnen, sobald er sich in dieses Programm eingearbeitet hat.
Neben Adobe gibt es zur Zeit für die Mac User die Firma Affinity, die mit einer Beta-Version von Affinity Photo zeigt, dass man auch zu einem günstigeren Preis eine gute Bildbearbeitungssoftware in Zusammenarbeit mit den Anwendern finalisieren kann. Eine Kundennähe, die Adobe in den letzten Jahren etwas verloren hat.
Auch Corel ist fleißig am Verbessern der verfügbaren Tools. Hier konnte man in der letzten Ausgabe der DOCMA ein paar sehr interessante Pinsel sehen, die die Digital Artists sicherlich freuen werden.
GIMP ist zwar als Open Source mit vielen professionellen Werkzeugen ausgestattet, allerdings denke ich, dass ein Kreativprofi wohl eher weniger Lust hat, auf ein Produkt zurück zu greifen, bei dem das Look and Feel nicht durchgängig ist. Zusätzlich müssen bestimmte Funktionen selbst integriert werden. Auch wenn die Entwicklercommunity sicherlich sehr kreativ und innovativ ist, wird es noch etwas dauern, bis das Endprodukt von dem Profis als brauchbar angesehen wird.
3)
Ist das Adobe Abo-Modell eine Lösung für die Zukunft oder sind die klassischen Software-Lizenzen die bessere Alternative? Was kann Adobe an seinem Angebot verbessern?
Aus meiner Sicht ist das Abo-Modell, gerade aufgrund seiner Flexibilität durch auch monatliche Buchung, gerade für große Agenturen ein Glücksfall, da hier schnell Lizenzen für zeitlich begrenzt arbeitende Mitarbeiter aufgestockt werden können, ohne dass dies, wie im alten Lizenzmodell ein großer Kostenfaktor ist. Diese Kunden sind sicherlich mit dem Modell mehr als glücklich. Zusätzlich lassen sich die Kosten leichter absetzen und es ist eher nicht zu erwarten, dass eine große Agentur so hohe Umsatzeinbußen hat, dass die Gebühr für die Cloud nicht gezahlt werden kann.
Anders sieht es aus meiner Sicht für Einzelanwender und Freelancer aus. Zu diesen gehöre ich auch. Hier ist der Kauf einer Lizenz oder eines Updates oft direkt an die Einnahmen gekoppelt. Viele Einzelanwender haben in den letzten Jahren lange überlegt, bevor sie das Geld für ein Update in die Hand genommen haben. Ob es ein Wechsel der Kamera oder die Zusammenarbeit mit anderen Firmen war, irgendwann musste das Update dann doch durchgeführt werden und wurde es auch. Mit Photoshop 6 beginnend habe ich auch bis CS6 alle Updates durchgeführt. Immer dann, wenn das Geld dafür in der Kasse war.
Zur Cloud gibt es durchaus nachvollziehbare Bedenken. Da ist zum einen die Problematik, dass ohne Prüfung des Abo-Status die Software nicht mehr funktioniert. Wenn der Server zur Prüfung ausfällt, kann nicht mehr gearbeitet werden, was im letzten Jahr mehrere Cloud-Nutzer bei einem Systemausfall schmerzlich feststellen mussten. Im letzten Jahr konnte ich in Gesprächen mit Cloud-Nutzern immer wieder hören, dass nach Updates aus der Cloud schon mal Einstellungen und teilweise ganze Programme vom Rechner verschwinden. Das ist selbst für begeisterte Cloud-Fans ärgerlich. An dieser Stelle muss aus meiner Sicht Adobe dafür Sorge tragen, das solche Pannen nicht mehr passieren, da diese auch große Agenturen empfindlich treffen können.
Für einen Berufseinsteiger in der Kreativ-Branche ist das Cloud-Modell ebenfalls auf den ersten Blick attraktiv, denn statt wie bisher mehrere tausend Euro für eine Grundlizenz der Creative Suite oder für Photoshop einzuplanen, lässt sich die Software für einen überschaubaren monatlichen Preis nutzen. So lange ich die monatliche Gebühr zahle habe ich den vollen Zugriff auf alle Programme, die ich für den professionellen Einsatz benötige. Der Haken, dass man die Software nicht mehr nutzen kann, wenn man das Abo nicht mehr verlängert, erscheint hier erst einmal nicht so wichtig.
Alles leicht absetzbar und direkt nutzbar.
Der Haken – was passiert, wenn man in Zahlungsschwierigkeiten kommt?
Ist meine Software gesperrt, dann kann ich mein Werkzeug nicht mehr nutzen und damit keine Möglichkeit mehr, Umsatz zu generieren.
Die langjährigen Nutzer der Creative Suite sind aus meiner Sicht aber die am meisten Benachteiligten an dem neuen Konzept. Jahrelang wurden mehrere tausend Euro für Photoshop & Co. ausgegeben. Diese Lizenzen waren unbeschränkt. Hatte man Photoshop oder die Creative Suite gekauft, konnte man diese Programme nutzen, so lange man einen Rechner findet, auf welchem die Programme laufen. Diese Investition ist hinfällig, wenn man zur Creative Cloud wechselt, denn viele Programme erlauben das Öffnen der nativen Dateien nicht in einer älteren Version.
Dass es mittlerweile Online-Services gibt, die eine Konvertierung aus CC Formaten in ältere Formate bzw. in Austauschformate anbieten, spricht eine eigene Sprache.
Ich persönlich könnte mir ein Lizenzmodell vorstellen, welches den Zeitraum und die Investitionen, die man in der Geschäftsbeziehungen mit Adobe schon geleistet hat ebenso mit einbezieht, wie auch die Anforderung, dass Kunden nach dem Abo noch mit Ihren Dateien arbeiten können müssen.
Zum Beispiel könnte man nach einer Mindest-Abo-Laufzeit den Kunden ein „Einfrieren der Software“ mit Verzicht auf Updates einräumen. Updates und neue Versionen erhalten nur Abo-Kunden. Wer mit dem eingefrorenen Stand seiner zur Kündigung installierten Software weiter arbeiten möchte, kann dies tun. Dies sollte entweder möglich sein, wenn man einen definierten Zeitraum Kunde bei Adobe ist (dies lässt sich im Kundenbereich über die Adobe ID leicht überprüfen) oder einen so langen Zeitraum das Abo bezahlt hat, dass eine Volllizenz bezahlt wäre.
Das wäre aus meiner Sicht eine Möglichkeit, dass die Creative Cloud etwas besser angenommen wird. Die Verweigerer verzichten auch jetzt schon Updates und Neuerungen, da diese momentan noch kein Grund wären, auf das ungeliebte Lizenzmodell umzusteigen. Jetzt aber schauen sich die Alt-Kunden von Adobe nach Alternativen um.
Aus meiner Sicht sollte sich Adobe entscheiden, ob man auf Einzelkunden mit eingeschränkterem Budget wirklich langfristig verzichten möchte, denn darauf wird es eventuell langfristig hinauslaufen.
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Und das hier sind meine Antworten in der auf 2000 Zeichen reduzierten Kurzfassung:
Zitat:
1)
Welche Funktionen benötigt ein professionelles Bildbearbeitungsprogramm? Benötigen Profis unbedingt Photoshop?
Die Anforderungen an ein professionelles Bildbearbeitungsprogramm sind so vielfältig, wie die Einsatzgebiete der Software. Grundlegend sollte das Programm allerdings RAW-Dateien verarbeiten können, non-destruktive Korrekturen ermöglichen, ausreichende Möglichkeiten zur Erstellung von Auswahlen und deren Nutzung bieten (Masken und Alpha-Kanäle) und die Speicherung der Bilddaten für Web und Druck in verschiedenen üblichen Formaten unterstützen.
Je nach Bedürfnissen ist Photoshop mittlerweile nicht mehr unbedingt für jeden Einsatz notwendig.
2)
Welche Alternativen bieten sich zu Photoshop an? Welches Programm sollte auf keinem Fotografen-Rechner fehlen?
Alternativ kann zum Beispiel mit Lightroom von Adobe, Painter 2015 von Corel, Affinity Photo (nur für Mac) und GIMP (eine mittlerweile immer weiter entwickelte Open Source Alternative) gearbeitet werden. Das verwendete Programm hängt sehr von den gewünschten Korrekturen ab. Für viele Korrekturen reicht mittlerweile Camera RAW.
Wer seit Jahren im Rahmen von eingespielten Workflows mit Photoshop arbeitet wird dies wohl auch weiterhin tun. Alle anderen werden sich sicherlich die eine oder andere Alternative ansehen und testen.
3)
Ist das Adobe Abo-Modell eine Lösung für die Zukunft oder sind die klassischen Software-Lizenzen die bessere Alternative? Was kann Adobe an seinem Angebot verbessern?
Das Abo-Modell ist auf die Nutzung durch Firmen mit mehreren Mitarbeitern bzw. auf Fotografen mit einem eingeschränkten Programmbedarf (Photoshop & Lightroom) ausgelegt. Da die Dateien der neuen Versionen selbst ohne Nutzung der neuen Features nicht in den älteren Versionen geöffnet werden können, besteht bei den Kritikern die berechtigte Angst, dass man am Ende zwar viele Dateien aber keine Möglichkeit der Bearbeitung derselben mehr hat.
Adobe sollte eine vernünftige Lösung für die Zeit nach dem Abo oder alternativ klassische Lizenzen anbieten, die Kunden erst dann kaufen können, wenn ausreichende neue Features hinzu gekommen sind, die die Cloud Anwender schon nutzen können, sobald dieser fertig entwickelt sind.
Ein „Einfrieren“ der auf dem eigenen Computer installierten Software nach Beendigung des Abos abhängig von einer Mindestlaufzeit und / oder Mindestanzahl von erworbenen Lizenzen davor, wäre aus meiner Sicht eine elegante Lösung, die Ängste zu stoppen.
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