PDA

Vollständige Version anzeigen : Community Abbildung von Personen


Pygar
15.05.13, 17:25
Dieser Text soll nur als Leitfaden für die Veröffentlichung von Fotos mit Personen dienen. (genauer: öffentliche Zugänglichmachung, genaueres siehe unten)

Bei Fotos haben wir es mit verschiedenen Rechten zu tun.
- Urheberrecht (http://de.wikipedia.org/wiki/Urheberrecht)
- Urheberpersönlichkeitsrecht (http://de.wikipedia.org/wiki/Urheberpers%C3%B6nlichkeitsrecht)
- und das sog. Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten.

Um letzteres soll es in diesem Text gehen. Die anderen Punkte kann man bei Wikipedia nachlesen.


Wann gilt ein Bild als veröffentlicht?

UrhG § 19a
Recht der öffentlichen Zugänglichmachung

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
Wird ein Bild im (persönlichen) Bekanntenkreis gezeigt, ist dies keine öffentliche Zugänglichmachung.
Diese Definition wird zum Teil sehr eng, im Extremfall noch enger, ausgelegt. Als Leitfaden: Die Menschen müssen sich untereinander kennen
Online gilt ähnliches. Ein mit Paßwort geschützter Bereich, das nur dem engsten Kreis bekannt ist, gilt hier ebenfalls.
Ein Forum, Webseite o.ä., selbst wenn sie mit Paßwort geschützt ist, gilt nicht! Außer es handelt sich um den engsten Freundeskreis.



Welches Gesetz muß nun bei der Veröffentlichung beachtet werden?
In erster Linie: §22 KunstUrhG (http://de.wikipedia.org/wiki/KunstUrhG) genauere Erklärung: http://de.wikipedia.org/wiki/Recht_am_eigenen_Bild

§22 KunstUrhG bestimmt:
„Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von zehn Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.“

Was bedeutet nun
- Entlohnung? Eine Entlohnung kann, muß aber nicht, in Geldeswert (oder geldwertem Vorteil 1) erfolgen.
Ebenfalls kann es sich auch nur um ein Dankeschön oder um ein paar Fotos (TFP 2)des Abgelichteten handeln.
Dies ist frei verhandelbar.

1 = Geldwerter Vorteil kann zum Beispiel eine Eintrittskarte ins Kino/Theater sein, eine Einladung zum Essen, ein Tankgutschein, was auch immer. Solange kein Geld fließt, aber dies dennoch einem Geldwert zugrunde liegt.
2 = TFP = Time for Prints. Hier erhält da Model die Abzüge, meist werden 10 Stück vereinbart, als Entlohnung.
Jede andere Art von Entlohnung ist denkbar (ein Küßchen ;)), sollte aber im Zweifelsfall vor Gericht Stand halten. Bei solchen Entlohnungen sind Zeugen immer von Vorteil. Natürlich ist ein Schriftstück ein Ass im Ärmel.


Hat nun der Abgebildete zugestimmt, hat er nur noch in seltenen Fällen ein Widerrufsrecht.
Dies könnte zum Beispiel dann sein, wenn er
- zusammen mit einem Text in ein unwahres Licht gerückt oder beleidigt wird.
Hier würde dann ev. die persönliche Ehre angegriffen, geschützt in den §§185 ff. StGB, sein.
Beispiel: Man montiert eine Waffe in die Hände und stellt den Abgebildeten als Killer dar.
Hier würden dann u.U. andere Gesetze zum Schutze der Persönlichkeit verletzt, z.B. Artikel 1 des GG (Menschenwürde). Wobei dies allerdings schon ein sehr dehnbarer Begriff ist, siehe Hartz IV (da werden gleich mehrere Grundrechte massiv verletzt/ignoriert)


Aus unwichtigen Gründen kann man seine Einwilligung nur in seltenen Fällen zurück ziehen. Ein "ich mag aber nicht mehr" gilt so gut wie nie.


Ein weiterer Punkt: (Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Recht_am_eigenen_Bild#Ber.C3.BCcksichtigung_der_Ku nstfreiheit)
Berücksichtigung der Kunstfreiheit

Bei der ungefragten Veröffentlichung von Kunstwerken, welche die bildliche Darstellung von Personen enthalten, kann es zur Kollision von Grundrechten kommen: Einerseits verbietet die im Grundgesetz garantierte Kunstfreiheit eine Einschränkung der künstlerischen Betätigung, wozu auch die Veröffentlichung eines Kunstwerks zählt, andererseits gilt es, das ebenfalls grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht eines Abgebildeten zu wahren. Kunstwerke im Sinne des Grundgesetzes sind in erster Linie mit den Mitteln der Kunst hergestellte bildliche Darstellungen, wie Gemälde, Zeichnungen oder Druckgrafiken. Allerdings können heutzutage auch Fotografien hierzu zählen, sofern diese künstlerischen Ansprüchen genügen.

Das Kunsturhebergesetz versucht, diesen Interessenkonflikt zu lösen. § 23 Abs. 1 Nr. 4 KunstUrhG regelt, dass eine Einwilligung des Abgebildeten zur Veröffentlichung nicht erforderlich ist, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient. § 23 Abs. 2 KunstUrhG enthält jedoch wiederum eine Schranke. So ist eine Veröffentlichung dann untersagt, wenn hierdurch ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.

Dies stellt die Justiz gelegentlich vor Probleme, denn die Grundrechte der beteiligten Personen müssen gegeneinander abgewogen werden. So hat beispielsweise das Oberlandesgericht Celle mit Urteil vom 25. August 2010 entschieden, dass ein Staatsanwalt die öffentliche Ausstellung eines sachlich gehaltenen, nicht beleidigenden Porträtgemäldes gegen seinen Willen dulden muss. Die Staatsanwaltschaft hatte das Gemälde zuvor beschlagnahmen lassen und die Vernichtung gefordert, der Künstler hatte sich auf die Kunstfreiheit berufen.[24]
Hervorhebung von mir.

Klartext:
(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.


ACHTUNG bei Punkt 3!
Hier ist die Masse der Menschen gemeint! Eine einzelne Person hervorzuheben ist nicht erlaubt! Außer, man hat deren Einwilligung (§22 KunstUrhG).
Aber auch hier gibt es wieder eine Ausnahme von der Ausnahme.


Kurz gesagt: Hat man ein Einwilligung (§ 22 KunstUrhG), so darf man das Bild der Öffentlichkeit zugänglich machen. Ausnahmen vorbehalten.
Hat man keine, so könnte es sein, daß man das Werk der Öffentlichkeit zugänglich machen dürfte (§ 23 Abs. 1 Nr. 4 KunstUrhG)

Ein Fotograf bestimmt, wann, wie lange, wo , in welcher Form, unter welchen Bedingungen ein Foto der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden darf.
Die abgebildete Person bestimmt nur, ob der Fotograf es überhaupt darf und unter welchen Bedingungen.


Dies soll mal als "kurze" Übersicht reichen.

Anmerkung: ich habe kein juristisches Staatsexamen, daher sind meine Ausführungen lediglich als Hinweise zu verstehen. Sie ersetzen nicht den Gang zum Anwalt.
Zu den Risiken und Nebenwirkungen des Lebens fragen Sie bitte Ihren Arzt, Pharmazeuten, Anwalt oder Richter.

Man kann sich nicht auf irgendwelche Urteile verlassen, nicht einmal auf die des höchsten Gerichts.
Urteile der Amts- oder (Ober)Landgerichte sind nur in dem betreffenden Bundesland relevant. Andere Bundesländer können, müssen aber nicht, sich ev. u.U der Meinung anschließen.
Es gilt: Auf hoher See, und vor deutschen Gerichten, ist man in Gottes Hand!

Die wichtigsten Texte bei Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeines_Pers%C3%B6nlichkeitsrecht
http://de.wikipedia.org/wiki/Recht_am_eigenen_Bild
http://de.wikipedia.org/wiki/Gesetz_%C3%BCber_Urheberrecht_und_verwandte_Schutz rechte



Eines noch, als PS
Ein schwarzer Balken über den Augen genügt NICHT!
Als Leitfaden gilt: sollten Freunde des Abgebildeten den Abgebildeten erkennen, dann war die Unkenntlichmachung untauglich.

Urteils des LG Frankfurt/Main, 19.01.2006 - 2/03 O 468/05
http://openjur.de/u/31347.html

Der Leitsatz bei Wikipedia: Das Recht am eigenen Bild ist bereits dann verletzt, wenn der Abgebildete begründeten Anlaß zu der Befürchtung hat, er könnte identifiziert werden. Nicht erforderlich ist, daß schon der flüchtige Betrachter den Abgebildeten auf dem Bild erkennen kann, es genügt die Erkennbarkeit durch einen mehr oder minder großen Bekanntenkreis


Dieser Text wurde nach bestem Wissen und Gewissen erstellt, ist jedoch ohne Gewähr.

Grammatik- und Syntaxfehler dienen einerseits der Belustigung, andererseits um die Aufmerksamkeit der/die/des Leser(in/s) zu testen.

Garion
15.05.13, 19:45
Vielen vielen Dank lieber Pygar für deine außerordentlichen Mühen um Licht in die Dunkelheit und Klarheit ins Unwissen zu bringen. Ich finde es auch total super, dass du darauf hinweist dass du kein Anwalt bist und all das nicht als Fakt oder Rechtsberatung zu verstehen ist, sondern lediglich als Hinweis dient.

Einfach super :ok:

Bezüglich dieser Phrase:

Zu den Risiken und Nebenwirkungen des Lebens fragen Sie bitte Ihren Arzt, Pharmazeuten, Anwalt oder Richter.

Da hast du eine entscheidende Berufsgruppe vergessen... Psychotherapeuten, Psychoanalytiker, Psychologen, Psychiater und alles was irgendwie im entferntesten als Seelenklemptner bezeichnet werden könnte :emo_biggr

Pygar
15.05.13, 20:06
Hab ich gerne gemacht, dient ja unserem Schutz.
Sich einlesen (und verstehen) muß jeder selbst.

Da hast du eine entscheidende Berufsgruppe vergessen..
Alles, was mit Psycho.. anfängt.... muß man mehr erklären ;)
Ja, das sind die Schlimmsten. Keine Grundlagen, kein Wissen, nur Spekulationen, Hypothesen und Vermutungen.

Da trifft das Zitat von Voltaire zu 100% zu:
Ärzte geben Medikamente, von denen sie wenig wissen, in Menschenleiber, von denen sie noch weniger wissen, zur Behandlung von Krankheiten, von denen sie überhaupt nichts wissen.

Daran hat sich in den letzten 200 Jahren auch nicht allzuviel geändert.
Aber das ist ein anderes Thema :rolleyes:

Catoul
15.05.13, 21:39
Klasse Pygar! :ok:

Viiieeeelen Dank für den "kleinen Leitfaden" und Deine Mühe!


Gruß, Thommy

heikehk
15.05.13, 22:50
Supi. Danke für die Zusammenfassung :ok: