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Alt 18.07.10, 17:15
JB81 JB81 ist offline
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JB81 zeigt gute VoraussetzungenJB81 zeigt gute Voraussetzungen
HDR-Tipps !

Hi Tuffenuff,

ich will auch nochmal kurz meinen Senf zu Deinen Fotos und dem bisher Gesagten abgeben. Erstmal ein herzliches "moin !" an Euch alle.

Kurz zu mir:

Ich bin Ende 20, fotografiere seit 12 Jahren und arbeite aktuell mit Photomatix Pro, Qtpfsgui und Photoshop CS5. Als Kamera dient mir eine Nikon D40 mit Kit-Objektiv (18-55 mm).

Schwerpunkte meiner Arbeit sind Langzeitbelichtungen, Architekturfotografie, Urban Art und Mediengestaltung.

Zu Deinen Fotos:

Meiner Meinung nach sind Deine HDR-Aufnahmen (bis auf die Aufnahme des Himmels) überhaupt nicht gelungen. Ganz objektiv, ohne ausfallend zu sein. Ich möchte das auch begründen:

Ein ansatzweise vernünftiges HDR Bild zeichnet sich durch ein großes gleichmäßiges Detailreichtum in allen (dunklen, sowie hellen) Bildbereichen aus - das ist die absolute Basis von HDR.

Das ist bei Dir in keiner der gezeigten Aufnahmen der Fall. Die dunklen Bereiche sind viel zu unterbelichtet, Details in diesen Bereichen kaum erkennbar. Die Fotos sind völlig fehlbelichtet.

Dazu kommt, dass Deine Aufnahmen teils zusätzlich (!) via Tonemapping zerschossen sind (was ich teilweise auch in Kauf nehme und manchmal gut kommt) - das erkennst Du an dem solarisationsartigen Effekt, den sog. Halo's.
Das liegt auch nicht an der verwendeten Software (ich nutze sie selbst !), sondern an einer zu krassen Einstellung.

So, genug kritisiert. Jetzt wirds kontruktiv ...

Was kannst bzw musst Du also tun, um Deine Ergebnisse zu verbessern ?

Ich rate Dir folgendes:

1. Um ein gutes HDR-Bild zu erzeugen, brauchst Du IMMER gutes Rohmaterial !

Gutes Rohmaterial in Hinblick auf HDR bezieht sich vor allem auf den "Range". Du musst mit Deinen LDR-Fotos sämtliche Details und Bildbereiche erfassen.

Viele Fotografen machen via Belichtungsreihe lediglich 3 Aufnahmen für die HDR-Generierung. Das ist oftmals zu wenig. Ich mache für eine HDR-Aufnahme mindestens 8-15 Aufnahmen.

Dafür nutze ich die maximale Belichtungszeit ("BULB" im M-Modus) und eine IR-Fernbedienung (7€ im Netz). Ich löse aus, zähle die Sekunden und beende die Aufnahme mittels Fernbedienung. Zum Schluss mache ich noch eine Aufnahme im AUTO-Modus ohne Blitz als Referenzbild. Auch diese Aufnahme kommt mit ins HDR.

Das Wichtigste sind meiner Erfahrung nach gerade die langen Belichtungszeiten, gerade wenn man in der Dämmerung (geschweige denn Nachts) eindrucksvolle Aufnahmen machen will, denn nur bei wirklich langen Belichtungen erfasst Du bei diesen Lichtverhältnissen auch die kleinen Strukturen.

Ich arbeite hauptsächlich nachts. Dafür belichte ich in der Regel bei 15 sek., 30 sek., 1 min., 2 min., 3(-4) min und je nach Gefühl noch ein Paar mal dazwischen. Bei starken Lichtquellen im Bild auch gern nochmal bei 5-10 sek.

Das ist viel Aufwand aber es lohnt sich.

2. Nutze bei diesen Aufnahmen den minimalen ISO-Wert Deiner Cam.

Ich nutze die D40, Minimum ISO 200. Ich verstelle daran GAR nichts. Die ist auf 200 und bleibt bei 200. Wenn ich auf 50 oder 100 runtergehen könnte, würde ich es tun, geht aber nicht.

Ein minimaler ISO-Wert minimiert das Bildrauschen, was gerade bei HDR extrem wichtig ist. Je niedriger der ISO-Wert, desto länger musst Du aber belichten (ich hab mich inzwischen daran gewöhnt) ... aber ein gutes Bild braucht eben Zeit:

Allein für die Roh-Aufnahmen brauche ich in etwa 10 min. - dann wird jede einzelne Roh-Aufnahme in Adobe Camera Raw "entrauscht".

Wie das geht, wird hier gezeigt:
http://www.youtube.com/watch?v=aXTU0zwXBsk

Jetzt kommt via Photomatix die HDR-Generierung und das Mapping ins Spiel (je nach Aufnahme 2-3 min.), die Zeit minimiert sich aber, wenn man erstmal eine gute Grundeinstellung vorgenommen hat.

Zu den Einstellungen in Photomatix:

Es gibt keine "immer passende" Konfiguration, aber ich habe inzwischen eine Konfig gefunden, die mir als Grundkonfiguration gut erscheint.

Bei den Generierungs-Einstellungen:

- "Align Images by correcting shifts" aktivieren
- "Don't crop" aktivieren
- "Take tone curve of colour profile" aktivieren

Dann nutze ich im Mapping den "Details Enhancer" mit folgenden Settings:

Alles nur GROBE Richtwerte, die immer an die jeweilige Aufnahme angepasst werden:

- Strength 100
- Saturation 15-25
- Smoothing > im mittleren Bereich +/- 1 Stufe
- Luminosity 10

Tone:

- Gamma 1,0 (immer)
- Schwarzpunkt und Weisspunkt immer individuell

Colour:

- Temperature 0
- Saturation HL und Saturation SHD meistens zwischen 0 und 3

Micro:

- Micro-Contrast 8-10
- Micro-Smoothing 4-8

Diese Werte sind wieder individuell an das vorhandene Bildrauschen und die gewünschten Mikro-Kontraste anzupassen und müssen von Bild zu Bild neu angepasst werden.

Tipp:

Ein Rauschen im Himmel ist z.B. teilweise noch mittels Weichzeichner und weichgezeichneter Ebenenmaske bzw. Verlaufswerkzeug in Photoshop korrigierbar.

Wie das grundlegend funktioniert, wird in diesen Tilt-Shift Tutorials erklärt:
http://www.tiltshiftphotography.net/...p-tutorial.php
http://blog.ccvision.de/tutorials/ti...photoshop.html

Einziger Unterschied zu den o.g. Tutorials:

Anstelle des "Tiefenschärfe vermindern" Filters nutzt man den Gaus'schen Weichzeichner in einer wirklich geringen Stärke, also lange (!) nicht so übertrieben wie beim Tilt-Shift-Effekt und begrenzt den Filter mittels Maskenerstellung lediglich auf den Bereich des Himmels oberhalb des höchsten Punkts im Bild, der scharf erscheinen muss. Abschliessend verpasst man der Maske auch nochmal einen massiven Weichzeichner, um einen schönen Übergang zu schaffen.

Ausserdem gehört zum Tilt-Shift-Effekt eine abschliessende Verstärkung der Kontraste, die wir in unserem Fall auch nicht nutzen.

Weiter zu den letzten Werten:

S/H:

Diese Werte haben wieder Einfluss auf das Bildrauschen und müssen immer wieder individuell angepasst werden.

- Shadows Clipping: meistens 0
- Shadows Smoothing: individuell (aktuell bei 0)
- Highlights Smoothing: individuell (aktuell bei 27)

Jetzt "Process" und das Ergebnis als JPG (besser: TIFF 16-bit) abspeichern.

Dann wird das erzeugte Bild über Adobe Bridge (oder Mini Bridge) wieder in Adobe Camera Raw geöffnet und die Belichtung, sowie Weißabgleich und Kontrast wird optimiert. Optimalerweise nutzt man dafür RAW-Aufnahmen, aber mit JPG/TIFF geht es auch.

Ablauf:

1.) Belichtungswarnung einschalten (oben rechts am Histogramm)
2.) Belichtung via Regler erhöhen, bis minimale Überbelichtung eintritt (rote Flächen im Bild)
3.) nun mit dem Reperaturregler gegensteuern, bis die roten Punkte / Flächen weg sind
4.) dann noch mittels Pipette den Weißabgleich korrigieren
5.) zum Schluss minimal Kontrast via Gradationskurven (klassische "S-Kurve") optimieren

Wie das im Detail geht, wird in diesem Video gezeigt:
http://www.youtube.com/watch?v=DmtKxMxu1eY

Erst, wenn das alles gemacht wurde, kommt Photoshop ins Spiel.

Jetzt kommt es auf die Aufnahme und den eigenen Anspruch an - folgende Schritte sind denkbar und hilfreich:

1. Automatische Korrektur der Verzerrung Deines Objektivs mit dem Plugin Epaperpress PTLens.

Link:
http://epaperpress.com/ptlens/

2. Nochmalige Rauschminimierung mit dem Plugin Neatimage.

Link:
http://www.neatimage.com

Dann ggfls. Optimierung der feinen Strukturen mittels "Unscharf Maskieren" und "Selektivem Scharfzeichnungsfilter" in Photoshop.

Das sieht man in diesem Video ab 4'24:
http://www.youtube.com/watch?v=DmtKxMxu1eY

Abschließend kann man nochmal die Farbsättigung (die durch das Photomatix-Tonemapping teils zu krass erhöht wird) korrigieren.

Gerade zu Anfang ist das Plugin "Topaz Adjust" für HDR-Tönungsvariationen von Vorteil. Es bietet auch eine integrierte Rauschreduzierungs-Engine an.

Link:
http://www.topazlabs.com/adjust/

Allerdings lassen sich sämtliche Topaz-Effekte in Photoshop manuell wesentlich besser erzeugen, was allerdings einiges an Übung voraussetzt.

Generell muss man probieren, probieren, probieren.

Abschliessend noch zum Thema "Tonemap-Overkill":

Ich bin Künstler und so haben für mich alle Kunstrichtungen auch Ihre Berechtigung. Ich nutze selber gern auch übertriebenes Tonemapping und steh dazu. Es wirkt oft kitschig und wer's scheisse findet, soll's halt lassen. Aber es gibt Aufnahmen, bei denen es einfach mega fett ist, so z.B. bei diesen beiden Aufnahmen, die ich in den letzten Wochen in Bremen gemacht habe:

Bilder aus Urheberrechtsgründen vom Autor entfernt. Links auf Anfrage.

Anmerkung: die Bilder sind nicht optimiert, es sind Beta-Husch-Husch-Versionen und werden noch in Schärfe, Rauschen, Kontrast und Sättigung optimiert. DANN sind sie akzeptabel.

Aber ein gutes Beispiel, um die Verwendung von Tonemapping zu unterstreichen. Tonemapping KANN super sein. Auf Dauer nervt es aber.

Zum Abschluss noch eine Aufnahme, die ich in Photoshop aus 8 unterschiedlich belichteten Aufnahmen mittels Ebenen und Ebenenfunktionen bei je 40 - 60 % Deckkraft pixelexakt übereinandergelegt habe, um den vollen Effekt und die volle Detail-Bandbreite in einer Aufnahme zu erfassen. Tonemapping ist hier (wie man sieht) nicht im Spiel, man achte aber auf die krassen Details in der Tiefe:

Bild aus Urheberrechtsgründen vom Autor entfernt. Link auf Anfrage.

Diese Aufnahme ist natürlich, sie wirkt realistisch und erfasst trotz dunkelster Nacht einen großen Umfang an Details. Ein echter Fotograf wird eine solche Aufnahme definitiv bevorzugen, weil sie technisch und qualitativ besser ist.

Jedoch ist das wirklich Arbeit. Ich sitz an einer Aufnahme teilweise Stunden. Ja, lacht ruhig darüber - aber als Autodidakt is das alles nicht so leicht.

Aber auch diese Aufnahme lässt sich in Punkto Schärfe noch derbe optimieren, ich werd das noch nachholen.

Bitte bedenkt auch, dass ich hier mit dem absoluten Minimum an Equipment arbeite. Das gilt natürlich nicht für die CS5 aber die Software brauch ich auch beruflich, daher ging für mich eh kein Weg daran vorbei.

Photomatix Pro hab ich übrigens für 40,- bei Ebay gekauft. Es gibt auch immer einen günstigeren Weg.

Aber die Cam und das Objektiv sind an der untersten DSLR-Preisklasse, mein Stativ kostet 15,- € usw. - aber ich finde, es ist eine echte Herausforderung gerade mit einem Minimum an Ausrüstung trotzdem zu versuchen, "das Beste" rauszuholen. Auch ist diese ganze Digitalfotografie-Kiste ein Prozess. Man entwickelt sich kontinuierlich weiter ... Rückschläge und Fehler gehören dazu. Ausserdem arbeite ich selber erst seit ca. einem 3/4 Jahr mit HDR.

Das Wichtigste für mich im Nachhinein ist, dass ich sämtliche Belichtungsreihen usw. nochmal seperat abgespeichert habe. So kann ich die Fotos immer wieder neu in HDR generieren und immer wieder mit meinem aktuellen Entwicklungsstand und aktueller Software überarbeiten. Auch noch in ein Paar Jahren ...

Das kann ich nur jedem/r raten !

Just my two cents.

Ich hoffe, mein Statement war eher konstruktiv als destruktiv, jedenfalls sollte es so sein.

Und für alle, die Lust auf noch mehr Aufnahmen haben, an dieser Stelle noch ein Paar Shots aus den letzten Wochen - alles wird nochmal en detail überarbeitet, nur als kurzen Eindruck. Und ja - es sind teilweise auch Halo's drauf und die Sättigung ist oft maßlos übetrieben aber so arbeite ich nunmal und das wirkliche Verständnis der ganzen Geschichte kam auch erst im Laufe der Zeit nach diesen Aufnahmen ...

Bilder aus Urheberrechtsgründen vom Autor entfernt. Links auf Anfrage.

Und gerade bei den Nachtaufnahmen sieht man deutlich, was große Serien mit Belichtungszeiten von bis zu 4 Minuten ausmacht.

In diesem Sinne - beste Grüße aus Bremen !


Geändert von JB81 (18.11.10 um 15:39 Uhr).
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